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Tempo im Krafttraining: Wie deine Wiederholungsgeschwindigkeit den Trainingsreiz steuert

  • Hendrik Jansen
  • 31. Juli
  • 4 Min. Lesezeit
Hand hält eine gelbe Stoppuhr, die 00:01 anzeigt – im Hintergrund verschwommener Asphalt und Sonnenlicht, sportlich gekleidete Person sitzt mit sichtbaren Laufschuhen.

Was bedeutet Tempo im Krafttraining?


Das Bewegungstempo ist eine oft unterschätzte Variable im Krafttraining. Während Wiederholungszahlen, Sätze und Gewichte häufig im Fokus stehen, beeinflusst das Tempo maßgeblich, welcher Trainingsreiz gesetzt wird, wie stark die Muskulatur beansprucht wird und wie hoch die Trainingsintensität tatsächlich ist.

Ein Temposchema besteht in der Regel aus vier Zahlen, die jeweils in Sekunden angegeben werden:


Beispiel: 4-0-1-0


  1. Erste Zahl: Dauer der exzentrischen Phase (z. B. Herablassen in der Kniebeuge)

  2. Zweite Zahl: Pause nach der Exzentrik, am tiefsten Punkt der Bewegung

  3. Dritte Zahl: Dauer der konzentrischen Phase (z. B. Hochdrücken)

  4. Vierte Zahl: Pause nach der konzentrischen Phase, also am oberen Punkt


Ein spezielles Zeichen, das in Temposchemata häufig verwendet wird, ist das „X“. Es steht für „as fast as possible". Also sollte die Bewegung so explosiv wie möglich ausgeführt werden, ohne technische Kompromisse.


Warum Tempo entscheidend für den Trainingsreiz ist


Zehn Wiederholungen sind nicht gleich zehn Wiederholungen. Denn das Tempo, mit dem du sie ausführst, verändert den Trainingsreiz grundlegend, auch wenn Gewicht und Satzanzahl gleich bleiben. Wer zehn Kniebeugen mit 100 kg bei einem 1010-Tempo ausführt, ist nach ca. 20 Sekunden fertig. Bei einem 4210-Tempo dagegen dauert der Satz etwa 70 Sekunden, also mehr als dreimal so lange unter Spannung.


Diese „Time under Tension“ (TUT) ist einer der entscheidenden Faktoren für Muskelaufbau. Studien zeigen, dass für Hypertrophie eine Spannungsdauer von 20 bis 70 Sekunden pro Satz optimal ist. In diesem Bereich wird der Muskel maximal gefordert. Durch mechanische Spannung, metabolischen Stress und eine hohe Anzahl aktiver Muskelfasern.


Warum ein langsames Tempo oft effektiver ist


Vor allem die exzentrische Phase (also das kontrollierte Ablassen des Gewichts) ist entscheidend. Hier bist du typischerweise 30–40 % stärker als in der konzentrischen Phase. Deshalb erlaubt eine langsame Exzentrik, mit vergleichsweise weniger Gewicht eine höhere Muskelspannung zu erzeugen, bei gleichzeitig geringerem Verletzungsrisiko.


Langsames Tempo führt außerdem zu:

  • besserer Bewegungskontrolle

  • verbessertem Techniklernen

  • höherem Fokus auf die Zielmuskulatur (Mind-Muscle-Connection)


Was eine Pause im Bewegungsablauf bewirken kann


Ein weiterer Vorteil des Tempos ist die gezielte Verwendung von Pausen. Durch eine Pause am tiefsten Punkt der Bewegung kann der sogenannte Stretch-Reflex ausgeschaltet werden. Der körpereigene „Gummiband-Effekt“, der uns hilft, Schwung mitzunehmen.


Wer diesen Reflex unterbricht, muss die konzentrische Bewegung aus rein muskulärer Kraft starten. Das erhöht nicht nur den Trainingsreiz, sondern stärkt gezielt Schwachstellen.


Auch in der Reha oder beim Techniktraining kann das sinnvoll eingesetzt werden, z. B. durch kontrollierte Pausen in instabilen Positionen.


Drei besondere Tempo-Varianten und ihre Anwendung


Klokov Squat – Tempo: 7-6-1-0


Diese Kniebeugen-Variante wurde durch den russischen Gewichtheber Dmitry Klokov bekannt. Hierbei wird die Langhantel 7 Sekunden abgesenkt, 6 Sekunden unten gehalten, dann folgt ein schnelles Aufstehen. Keine Pause oben.


Diese Übung ist besonders geeignet für:

  • die Entwicklung von Maximal- und Relativkraft

  • das Durchbrechen von Plateaus in der Kniebeugeleistung

  • Athleten, bei denen die Kontrolle beim Ablassen oder in der untersten Position der limitierende Faktor ist

  • Sportarten wie Diskus, Kugelstoßen oder Bobsport, bei denen Schnellkraft und Stabilität zentral sind

  • Athleten mit Gewichtsklassen, z. B. Judo oder MMA, die Kraft aufbauen wollen, ohne an Körpergewicht zuzulegen


Durch die lange Pause am tiefsten Punkt wird der Stretch Reflex nahezu komplett ausgeschaltet. Bereits eine Pause von 3 Sekunden reduziert diesen um etwa 100 %. Das bedeutet: Der Körper kann sich nicht mehr auf gespeicherte elastische Energie verlassen, sondern muss die Bewegung rein muskulär initiieren, ein extrem wirkungsvoller Reiz für Kraftentwicklung.


Medvedev Squat – Tempo: 10-0-1-0


Benannt nach einem sowjetischen Trainer, steht diese Variante für ein 10 Sekunden langes Ablassen, gefolgt von einer schnellen konzentrischen Bewegung.


Dieses Tempo eignet sich besonders für:

  • Fortgeschrittene, die an einem Kraftplateau arbeiten

  • Trainierende, die Probleme mit der exzentrischen Kontrolle haben

  • Sportler, die Maximalkraft gezielt steigern möchten


Die exzentrische Phase (also das langsame Ablassen) ist der Teil der Bewegung, bei dem der Muskel am meisten gedehnt wird. Hier entsteht der größte Muskelkater und in der Regel auch der größte Wachstumsreiz. Zudem gilt: Was du nicht kontrollieren kannst, kannst du auch nicht sicher bewegen. Deshalb ist exzentrisches Tempo oft der Schlüssel für nachhaltigen Kraftzuwachs.


Klimmzug mit Tempo 5-0-1-5


Diese Variante des Klimmzugs zielt auf die häufige Schwachstelle vieler Trainierender: die letzte Phase der konzentrischen Bewegung – also das letzte Viertel bis zur Brust zur Stange kommt.


Das Tempo lautet:

  • 5 Sekunden kontrolliertes Ablassen

  • 0 Sekunden Pause unten

  • 1 Sekunde konzentrische Phase

  • 5 Sekunden Pause in der obersten Position


Durch die gezielte isometrische Haltephase oben wird genau der Winkel trainiert, in dem viele scheitern. Das hilft besonders bei Klimmzügen, bei denen die Kraft in der Endposition oft der limitierende Faktor ist. Gleichzeitig verbessert die lange exzentrische Phase die allgemeine Kontrolle der Bewegung.


Anwendung in der Trainingsplanung


Tempo ist nicht nur ein Detail, sondern kann aktiv zur Periodisierung genutzt werden. Je nach Trainingsziel und -phase lassen sich damit gezielt Akzente setzen:


  • Hypertrophiephasen: Lange Exzentrik inkl. Pausen (z. B. 4-2-1-0)

  • Kraftphasen: Kontrolliertes Tempo ohne Pausen (z. B. 4-0-1-0)

  • Explosive Phase: Sehr schnelles Tempo mit hohem Gewicht (z. B. X-0-X-0)


Eine Variation des Tempos über Wochen oder Trainingsblöcke sorgt für neue Reize, selbst mit denselben Übungen.


Fazit: Tempo ist mehr als eine Zahl


Wer im Training dauerhaft Fortschritte machen will, sollte das Tempo nicht dem Zufall überlassen. Es beeinflusst nicht nur, wie intensiv ein Satz ist, sondern wie die Muskulatur arbeitet, welche Fasern stimuliert werden, wie sicher du trainierst und wo du Fortschritte erzielst.


Egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener: Tempo ist ein kostengünstiges, sofort umsetzbares und hocheffektives Tool in jedem Trainingsplan.


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